Steuerthemen

Die Umsatzsteuer nach dem Brexit

Der Austritt der britischen Union (die nun ein Drittlandsgebiet ist) aus der EU hat für einschneidende Änderungen unter anderem bei der Umsatzsteuer gesorgt:

Keine steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferungen mehr
Bei Warenlieferungen von Deutschland nach Großbritannien handelt es sich nun um steuerfreie Ausfuhrlieferungen nach §§ 4 Nr. 1a UStG i. V. m. 6 UStG. Daraus ergeben sich auch veränderte Nachweispflichten für die Steuerfreiheit der Lieferungen (§§ 9 bis 11 UStDV). Bei einer Lieferung von Großbritannien nach Deutschland handelt es sich zukünftig um eine Einfuhr, die durch den Einführer erklärt und zur Einfuhrumsatzsteuer angemeldet werden muss.

Verbringen einer Lieferung wird umsatzsteuerlich nicht mehr erfasst
Zukünftig können sich britische Unternehmer nicht mehr auf § 3 Abs. 1a UStG, das innergemeinschaftliche Verbringen einer Lieferung an sich selbst, berufen. Bei britischer Beteiligung einer Lieferung wird diese als Ausfuhrlieferung gewertet.

Innergemeinschaftliche Dreiecksgeschäfte mit Beteiligung britischer Unternehmer
Die Vereinfachungsregelung für innergemeinschaftliche Dreiecksgeschäfte ist unter Beteiligung britischer Unternehmen nur noch anwendbar, wenn das britische Unternehmen mit einer ihm von einem EU-Mitgliedstaat erteilten UStIdNr. auftritt und die betreffende Ware innerhalb der EU geliefert wird.

Lieferungen an Privatpersonen im Versandhandel
Lieferungen aus dem Versandhandel aus Großbritannien an Privatpersonen werden künftig als Ausfuhrlieferungen angesehen.

Grenzüberschreitende Warensendungen
Für ausländische Onlinehändler und Online-Marktplätze ergeben sich bei grenzüberschreitenden Warensendungen nach England, Schottland und Wales folgende Änderungen:

  • Ggf. müssen Sie sich als Unternehmen für die Mehrwertsteuer registrieren lassen, sofern der Warenwert der Lieferung unter 135 GBP liegt.
  • Für B2C-Sendungen gelten folgende Regeln:
    • keine mehrwertsteuerfreien Lieferungen bei unter 135 GBP möglich
    • Keine Einfuhrumsatzsteuer bei der Verzollung
    • Die Sendung unterliegt den Regeln einer Inlandslieferung
    • Der Lieferant berechnet die Mehrwertsteuer und muss sich dafür vor Ort registrieren
  • Für B2B-Sendungen gilt, mehrwertsteuerfreie Lieferungen unter 135 GBP sind möglich, wenn:
    • Der Käufer eine von Großbritannien erteilte und gültige Mehrwertsteuer-Registriernummer besitzt
    • Der Lieferant das Reverse-Charge-Verfahren auf seiner Rechnung vermerkt
    • Der Käufer die Mehrwertsteuer im Reverse-Charge-Verfahren abführt

Für Lieferungen mit einem Warenwert von über 135 GBP ändert sich nichts. Es entfällt die bisherige Freigrenze für Lieferungen mit einem Warenwert von bis zu 15 GBP. Für Online-Marktplätze gilt: Sie müssen sich für die Mehrwertsteuer registrieren und diese bei Verkäufe an Endverbraucher in Großbritannien abführen.

Neue Nachweise für Dienstleistungen zwischen Großbritannien und Deutschland
Dienstleistungen zwischen Unternehmern aus Deutschland und Großbritannien müssen künftig z.B. durch eine Bestätigung der umsatzsteuerlichen Unternehmereigenschaft durch die britischen Finanzbehörden (HMRC).

Ort der Dienstleistung
Für Großbritannien gelten für die Ortsbestimmung der Dienstleistung künftig die Sonderregeln für Drittländer aus § 3a Abs. 4, 6 und 8 UStG.

„Use-and-Enjoy“
Die „Use-and-Enjoy“-Regel (trifft auf Leistungen zu, die in § 3a Abs. 6, 7, 8 UStG beschrieben sind) gilt künftig auch für Großbritannien. Sonstige Leistungen werden mit dem Reverse-Charge-Verfahren besteuert.

Veränderter Vorsteuerabzug
Befindet sich der Leistungsort im Drittland (z.B. Großbritannien), wird das Vorsteuerabzugsverbot für Vorleistungen steuerfreier Umsätze, bzw. Umsätze im Ausland, die im Inland aber steuerfrei wären (§ 15 Abs. 2 UStG), nicht angewendet.

Änderungen beim Vorsteuer-Vergütungsverfahren
Beim Vorsteuer-Vergütungsverfahren unterliegen britische Unternehmer künftig den Bedingungen für Drittstaaten. Daraus folgt, dass sie ihre Erstattungsanträge nicht mehr in englischer Sprache einreichen können, sondern auf deutschsprachige Formulare zurückgreifen müssen. Außerdem gilt für den Antrag die verkürzte Deadline bis zum 30.06. des Folgejahres, höhere Mindesterstattungsbeträge als bisher und Kraftstoff ist von der Vorsteuererstattung ausgeschlossen.

Handlungsbedarf für deutsche Unternehmen
Als Unternehmen mit Liefer- und Leistungsbeziehungen nach Großbritannien können sich auf einen umfassenden Anpassungsbedarf einstellen. Prüfen Sie in einem solchen Fall rechtzeitig, welche Maßnahmen Sie in Ihrem Unternehmen ergreifen müssen.

Auf jeden Fall müssen die Stammdaten britischer Unternehmer in der EDV angepasst werden und unter Umständen treten zusätzliche Registrierungspflichten in Großbritannien für Sie in Kraft.