Steuerthemen

Verrechnungspreise auch bei rein innerdeutsch tätigen Unternehmen

1.Allgemeines

Den einen richtigen Verrechnungspreis gibt es nicht! Es gibt immer eine Bandbreite an möglichen Preisen. Für international tätige Unternehmen ergibt sich damit ein Gestaltungsspielraum, Gewinne in Länder mit niedrigen Steuern zu verlagern. Rein inländisch tätige Unternehmen können Verrechnungspreise aber auch verwenden, um z.B. unterschiedlich hohe Gewerbesteuerhebesätze oder Verlustvorträge von verbundenen Unternehmen auszunutzen.

Bei international tätigen Unternehmen wird nach dem OECD Musterabkommen grundsätzlich auf den Fremdvergleichsgrundsatz abgestellt. D.h. der Verrechnungspreis muss wie unter Fremden Dritten zu fremdüblichen Bedingungen festgelegt sein. Daneben haben international tätige Unternehmen insbesondere den § 1 Abs. 1 Satz 1 AStG zu beachten. Auch hier ist der Fremdvergleichsgrundsatz gesetzlich genannt.

2.Einzelunternehmen und Personengesellschaften

Für rein national tätige Unternehmen regeln die deutschen Steuergesetze die Verrechnungspreise. Für Einzelunternehmen und Personengesellschaften regelt z.B. der § 4 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG den Verrechnungspreis für eine Entnahme. Eine Entnahme in Form von Dienstleistungen (z.B. PKW-Nutzung) oder Lieferungen (z.B. Verwendung von Waren für den privaten Bedarf) findet i.d.R. bei jedem der o.a. Unternehmen statt.

3.Kapitalgesellschaften

Für Kapitalgesellschaften regelt z.B. der § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG den Verrechnungspreis unter der Bezeichnung verdeckte Gewinnausschüttung (vGA). Die verdeckte Gewinnausschüttung ergibt sich i.d.R. bei dem Bezug von Dienstleistungen und Lieferungen der Kapitalgesellschaft durch den Gesellschafter zu einem zu niedrigen Preis oder bei der Erbringung von Dienstleistungen und Lieferungen an die Kapitalgesellschaft durch den Gesellschafter zu einem zu hohen Preis. Daneben können sich auch vGA bei Geschäftsbeziehungen an nahestehende Personen und/oder Schwestergesellschaften ergeben. Der (Verrechnungs-) Preis für vGA bestimmt sich am Fremdvergleichspreis.

Eine weitere Vorschrift für die Regelung von Verrechnungspreisen für Kapitalgesellschaften ist der § 8 Abs. 3 Satz 3 KStG – verdeckte Einlage. Auch hier ist der Fremdvergleichspreis zu Grunde zu legen.

4.Ermittlung der Verrechnungspreise

In den deutschen Gesetzen wird die Ermittlung des Verrechnungspreises insbesondere in § 1 Abs. 3 ff. AStG geregelt. Der Fremdvergleich stellt auf echte Rechtsgeschäfte zwischen fremden Dritten ab.

4.1.Fremdvergleichsgrundsatz

D.h. das betroffene Geschäft muss mit vergangenen Rechtsgeschäften mit fremden Dritten verglichen werden. Unterschiede, die den Vergleich beeinflussen können, zwischen den Verhältnissen der zum Vergleich herangezogenen Rechtsgeschäfte und dem vorliegenden Geschäft sind durch sachgerechte Anpassungen zu beseitigen. Können keine vergleichbaren Rechtsgeschäfte herangezogen werden, ist auf einen hypothetischen Fremdvergleich anhand ökonomischer anerkannter Bewertungsmethoden abzustellen. Der Zeitpunkt der Ermittlung des Fremdvergleichs ist der Zeitpunkt der Vereinbarung des künftigen Geschäfts.

Auf die internationale Fälle anzuwendende Funktions- und Risikoanalysen, sowie deren Bewertungstechniken und Vergleichbarkeitsanalysen etc. wird an dieser Stelle nicht eingegangen.

Kann kein Fremdvergleich hergestellt werden, so kann auch auf die sog. Wiederverkaufspreismethode oder Kostenaufschlagsmethode zurückgegriffen werden, vgl. auch BMF-Schreiben vom 14.07.2021. Die Kostenaufschlagsmethode ist, bei mangelndem Fremdvergleichspreis, bei Dienstleistungen unter Einbezug aller hierfür notwendigen direkten und indirekten Kosten anzuwenden.

Für die Ermittlung des Wertes der Entnahme ist der sog. Teilwert zu bestimmen. Der Teilwert ist der Wert den ein Erwerber des ganzen Betriebs im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut ansetzen würde.

Letztendlich empfiehlt sich vergleichbare Rechtsgeschäfte heranzuziehen und soweit dies nicht möglich ist, Angebote/Kostenvoranschläge einzuholen, um eine möglichst präzise Wertbestimmung durchzuführen, sowie auf die Wiederverkaufspreis- oder Kostenaufschlagsmethode abzustellen.

4.2.Krisenzeiten

Unternehmen in Krisenzeiten können die Verrechnungspreise an die geänderten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen anpassen und ggf. punktuelle Verrechnungspreisänderungen und Einmalzahlungen, sowie Jahresendanpassungen vornehmen. Gewinnaufschläge und Zielmargen sind ebenfalls zu überprüfen.

4.3.Aktuelle Rechtsprechung – Zinssätze

Aus der aktuellen Rechtsprechung des BFH zur Ermittlung fremdüblicher Zinssätze im Konzern, lässt sich entnehmen, dass die Preisvergleichsmethode vorrangig gegenüber der Kostenaufschlagsmethode ist. Denn die externe Preisvergleichsmethode ermöglicht insbesondere aufgrund der hohen Anzahl an Marktdaten einen verlässlichen Fremdvergleich. Auch spielt die Substanz und finanzielle Kapazität des Darlehensgebers keine Rolle bei der Ermittlung eines fremdüblichen Zinssatzes. Bei der Kreditwürdigkeit eines Darlehensnehmers ist nicht auf ein mögliches Gruppenrating, sondern auf das Stand-alone-Rating abzustellen. Auch sind Risikozuschläge in Form eines höheren Zinssatzes für die Nachrangigkeit und fehlende Besicherung eines konzerninternen Darlehens fremdüblich, wenn fremde Dritte dies ebenfalls vereinbart hätten. Die Nachrangigkeit für Gesellschafterdarlehen nach § 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 InsO spielt hier keine Rolle.

5.Dokumentation von Verrechnungspreisen

Der Steuerpflichtige ist verpflichtet bei der Sachverhaltsermittlung des Finanzamtes mitzuwirken, vgl. § 90 Abs. 1 AO und bei Betriebsprüfungen § 200 Abs. 1 AO. D.h. es sind grundsätzlich alle für die Besteuerung erheblichen Tatsachen vollständig und wahrheitsgemäß offenzulegen und die bekannten Beweismittel anzugeben.

Es empfiehlt sich also, in Anlehnung zu den Dokumentationspflichten für Auslandsgeschäftsbeziehungen, auch bei inländischen Geschäften eine umfangreiche Sachverhaltsdokumentation mit Art, Inhalt und Umfang der Geschäfte und eine Angemessenheitsdokumentation mit Vereinbarung über das Geschäft, die Verrechnungspreise, der Zeitpunkt der Bestimmung, die verwendete Verrechnungspreismethode sowie die verwendeten Fremdvergleichsdaten anzufertigen.

6.Folgen von mangelnder Dokumentation

Eine klare Dokumentation der Verrechnungspreise ist für Steuerpflichtigen ungemein wichtig, da es sonst zur Vermutung führen kann, dass Einkünfte zu niedrig erklärt wurden. Gelingt die Widerlegung dieser Vermutung nicht, kann das Finanzamt nach § 162 Abs. 1 AO Schätzungen zu Lasten des Steuerpflichtigen durchführen. In besonderen Fällen kann auch die Steuerhinterziehung vermutet werden und ggf. ein Strafverfahren eröffnet werden.

7.Fazit

Das Thema Verrechnungspreise ist kein rein internationales Thema. Auch rein national tätige mittelständige Unternehmen und kleine Unternehmen sind betroffen. Spätestens bei dem Thema Entnahme und Einlage bzw. vGA müssen sich alle Unternehmen mit Verrechnungspreisen und deren Ermittlung beschäftigen. Der Fremdvergleichsgrundsatz führt immer zu einer Bandbreite von Vergleichswerten, so dass der vorliegende Preis i.d.R. zutreffend ist. Ich empfehle eine aussagekräftige, kurzgehaltene Dokumentation für die betroffenen Geschäfte vorzuhalten, um Diskussionen mit dem Finanzamt und mögliche Zuschätzungen zu vermeiden.